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5G – Nach der Auktion ist vor der Umsetzung

Geschrieben von Municall Team | 15.07.2019 09:20:04

Nach einem Auktions-Marathon von 52 Tagen mit bemerkenswerten 497 Runden sind die Frequenzen für den 5G-Mobilfunk nun endlich versteigert. Lange hat es gedauert und teuer war es auch: rund 6,55 Mrd. Euro spült die Versteigerung in die Kassen des Bundes. Aber wie geht es jetzt weiter? Wer sind die Gewinner und wer die Verlierer? Wann kann man mit einer praktischen Umsetzung rechnen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen für Sie.

Wie geht es jetzt weiter?

Neben den großen Playern Deutsche Telekom, Vodafone und Telefonica betritt auch 1&1 Drillisch das Spielfeld der Netzbetreiber. Nachdem die Vergabe der 420 Megahertz des 5G Spektrums auf diese vier Anbieter aufgeteilt wurde, muss nun der zügige Netzausbau im Fokus stehen. Nur so kann Deutschland im weltweiten Vergleich wettbewerbsfähig bleiben.

Und tatsächlich sind die Ausbauauflagen für die Netzbetreiber streng reguliert: Bis Ende 2022 sollen 98 Prozent der Haushalte sowie Autobahnen und viele Bahnstrecken mit schnellem, mobilem Internet versorgt werden. Allerdings nicht notwendigerweise mit 5G. Denn die Auflagen der Bundesnetzagentur sind so gestaltet, dass sie nicht explizit 5G vorschreiben. Hinzu kommt, dass die aktuell versteigerten Frequenzen zwar eine hohe Datenrate, dafür aber nur eine geringe Reichweite erlauben.

Daher werden die Netzbetreiber den Netzausbau in der Fläche eher mit 4G als mit 5G realisieren (müssen). Vorerst wird das allerdingsvielen Menschen und Unternehmen, insbesondere im ländlichen Raum, völlig ausreichen. Ein weiterer Verzögerungsfaktor für 5G kann auch der politische Streit – angezettelt durch die USA – rund um den Ausrüster Huawei darstellen. Fällt Huawei aus, so stellt sich die Frage, ob die technischen Kapazitäten und das Knowhow auf die Schnelle ersetzt werden können.

Bleibt noch die Frage nach den „weißen Flecken“. Diese machen zwar nur zwei Prozent der Bevölkerung aus, aber flächenmäßig dafür ein Vielfaches. „National Roaming“ ist das Stichwort. Es würde Anbietern ermöglichen, in schwachen Gebieten das besser ausgebaute Netz eines Konkurrenten zu nutzen. Ein solches Vorhaben  ist aber bei den Netzbetreibern eher nicht gewünscht.

Deshalb gehen die Auflagen diesbezüglich den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD und CDU im Bundestag auch nicht weit genug. Sie möchten stattdessen das Telekommunikationsgesetz ändern, um nationales Roaming zu erzwingen. Ein gemeinsames Netz wäre laut der Regierung und Stimmen aus der Industriebranche vor allem außerhalb der Großstädte von großem Vorteil.

Wer sind die Gewinner – wer die Verlierer?

Die Freude war im Finanzministerium nach der Auktion groß. Olaf Scholz nimmt rund 1,5 Mrd. Euro mehr ein als ursprünglich erhofft. Die Erlöse der Versteigerung fließen in den Sonderfonds "Digitale Infrastruktur" und ermöglichen die Digitalisierung an Schulen sowie einen verbesserten Breitbandausbau.

Weniger begeistert zeigten sich die etablierten Mobilfunk-Netzbetreiber. Die Deutsche Telekom spricht von einem bitteren Nachgeschmack: "Wir hätten es deutlich früher und deutlich günstiger haben können", sagte Unternehmenssprecher Philip Schindera der ARD. "Das Auktionsdesign hatte Schwächen und die sind hier zum Tragen gekommen. Dadurch ist der Industrie sehr viel Geld verloren gegangen, das sie für den Netzausbau dringend gebraucht hätte." Telefonica beklagte sogar, dass die Frequenzvergabe über eine Versteigerung grundsätzlich kontraproduktiv für den Mobilfunkausbau in Deutschland gewesen sei. Die Art und Weise sowie die nicht ausreichende Menge an zur Verfügung stehenden Frequenzen habe den Preis unnötig in die Höhe getrieben.

Darüber hinaus ärgert die Netzbetreiber, dass rund ein Fünftel des Frequenzspektrums für die Industrie freigehalten wird. Diese Frequenzen werden von der Bundesnetzagentur bald an interessierte Unternehmen vergeben.

Einziger Gewinner bei den Betreibern ist der Neuzugang 1&1 Drillisch, dessen Versorgungsauflagen im Vergleich zu den Konkurrenten milde ausfielen. Dies war sicherlich ebenfalls ein Grund dafür, dass Drillisch Unternehmenschef Ralph Dommermuth sich freuen konnte: “Wir haben Frequenzen ersteigert, mit denen wir in der Lage sind, ein leistungsfähiges 5G-Netz aufzubauen. Damit schlagen wir ein neues Kapitel in unserer Unternehmensgeschichte auf. Als vierter Netzbetreiber werden wir einen Beitrag leisten, Deutschland zum Leitmarkt für 5G zu machen und neue Geschäftsfelder für unser Unternehmen zu erschließen."

Wann können wir mit einer praktischen Umsetzung rechnen und wie sieht diese aus?

Noch 2019 dürften die ersten Handy-Verträge für das ultraschnelle Internet zu kaufen sein. Allerdings wird es zum Start nicht viel mehr als ein Marketing-Gag sein. Wie es auch anders gehen kann, zeigt das Beispiel Monaco. Das kleine Fürstentum meldete bereits Anfang Juli 2019 eine komplette Flächenverfügbarkeit mit 5G.

Interessant wird, wie die Unternehmen ihre eigenen 5G Frequenzen nutzen werden. Neben BASF, Siemens, Bosch und der Deutschen Messe wollen auch die Autokonzerne Volkswagen, BMW und Daimler Anträge einreichen und eigene, sogenannte Campusnetze, betreiben. Vorbereitungen dafür laufen bereits in all den genannten Unternehmen auf Hochtouren, sehr zum Unmut der Netzbetreiber. Die beklagen nämlich, dass die Regulierungsbehörde ihnen einen bedeutenden Teil des Geschäftskuchens vorenthalte. In einem unserer nächsten Blogbeiträge werden wir das Thema „Campusnetze“ genauer unter die Lupe nehmen.

Bis dahin bleibt noch vieles abzuwarten.  Wie leicht oder schwer wird es den Unternehmen fallen, ohne die Expertise der Netzbetreiber mit Daten zu jonglieren?

 

Eva Siemek
Öffentlichkeitsarbeit

municall
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